taktlos.12 ¶¶¶¶ Seit 1984. Festival für grenzüberschreitende Musik. ¶¶¶
11. Mai 2012 20:00 | bis | 13. Mai 2012 20:00 |
¶¶¶+ + Rote Fabrik _Zürich++ Clubraum+ +¶+ + Abendeintritt_ CHF. 45.–/ 35.– Erm. Reservation./ Vorverkauf: Starticket+ ¶¶¶+ +
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¶+ + taktlos.12 _E d i t o r i a l+ ¶+ +
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¶+ + Das diesjährige Taktlos ist das neunundzwanzigste seit 1984. Hinter uns liegt mehr als ein Vierteljahrhundert mit waghalsiger Musik zwischen den Genres und abseits des Mainstreams.+
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¶Es geht weiter im Grenzbereich zwischen Jazz, freier und improvisierter Musik, Independent Pop, Musique concrète und aufregenden Songs. Während dreier Tage sind zwei Duos, drei Quartette, zwei Quintette und ein Septett zu hören. Beteiligt sind dreiunddreissig MusikerInnen aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Italien, England, Norwegen, Schweden und den USA. Schon vor einigen Jahren hat sich ein höheres Selbstbewusstsein in der europäischen Szene abge-zeichnet. Der Fokus liegt dieses Jahr auf Gruppen aus Europa. Die drei aus den USA stehen für Black Music, Jazz und Independent Pop.+
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¶Mit mediterraner Leichtigkeit eröffnet das Quintett der Bassistin Giulia Valle aus Barcelona das Festival. Es ist das erste Mal, dass eine Gruppe aus Spanien auf dem Programm steht. Auch auf den Posaunisten Nils Wogram, der seit einigen Jahren in Zürich lebt, haben wir lange gewartet. Es ist uns eine besondere Freude, dass er hier sein neues Septett und das Programm «Complete Soul» vorstellt. Carla Bozulich und John Eichenseer – die Essenz der Gruppe Evangelista – eröffnen den diesjährigen Songzyklus innerhalb des Festivals.+
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¶Der Saxofonist Tony Malaby und Paloma Recio haben ein unverkrampftes Verhältnis zur Tradition. Sie trägt bei ihnen kammermusikalische Züge. Auf den Pianisten Matthew Shipp, der schon solo und im Trio bei Fabrikjazz zu Gast war, und den Saxofonisten Sabir Mateen passt der Titel «The Art of the Improviser» wie ein Massanzug. Phall Fatale aus Luzern, Berlin und London ist Teil des Songzyklus. Hier fliessen die abenteuerlichsten Erfahrungen aus Jazz, HipHop, Improvisation und Rock zusammen – alles elektronisch gewürzt.+
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¶Der Sonntag ist auch Songtag. In den Gruppen The New Songs und The Magic I.D. gibt es aufregende neue Stimmen herauszuhören. Sofia Jernberg, Margareth Kammerer, Christof Kurzmann und ihre MitmusikerInnen sind dabei, den Song neu zu definieren. Die beiden ungewöhnlich besetzten Quartette entwickeln mit zwei Gitarren und Klavier beziehungsweise zwei Klarinetten und Gitarre ein feines Gespür für Dynamik und filigrane Soundscapes. Sie schaffen verwegene Musik zwischen Komposition und Improvisation, die zum Song führt.+
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¶Das Taktlos lässt dieses Jahr viele neue Beziehungen entstehen. Von den dreiunddreissig beteiligten MusikerInnen treten neunundzwanzig erstmals im Rahmen des Taktlos auf: Matthew Shipp spielte 1998 mit seinem Trio. Auch Joy Frempong (07/10), John Edwards (92/97) und Fredy Studer (86/92/03/08) konnte man an den vergangenen achtundzwanzig Wochenenden schon begegnen, jedoch nie in Formationen wie am taktlos.12. Es sind also Entdeckungen zu machen, Geheimnisse werden gelüftet, und für Überraschungen ist gesorgt.+
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¶Die Bedingungen für die MusikerInnen werden zunehmend härter. Ob die schwindenden Verkaufszahlen bei den CDs von den Bands mit vermehrten Einnahmen aus Konzerten aufgefangen werden, ist fraglich. Den wenigen bezahlten Downloads von Musik stehen unzählige gratis oder illegal bezogene gegenüber.+
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¶Pius Knüsel, Direktor der Kulturstiftung Pro Helvetia, hat mit drei kulturpolitischen «Experten» aus Deutschland im Buch «Der Kulturinfarkt» umstrittene Vorschläge zur Kulturpolitik formuliert. Sie konnten ihre Thesen – bevor das Buch im Handel war – im «Spiegel» ausbreiten. Christian Rentsch suchte darin nach ihrem Kulturbegriff, wie er im «Tages-Anzeiger» schrieb. Statt Inhalte fand er Privatisierungsthesen und eine Kulturförderung, die einer Exportrisikogarantie ähnelt.+
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¶Anfang der neunziger Jahre hat Knüsel bei Fabrikjazz noch mitveranstaltet. Inzwischen scheint er etwas zynisch und amtsmüde geworden zu sein, oder er hat vor lauter Rentabilitätsberechnungen den Blick dafür verloren, was Kultur im Kern ausmacht. Die Sparbestrebungen der PolitikerInnen treffen schon lange nicht mehr nur die Nischenbereiche, sondern auch die grossen und gut ausgestatteten Häuser. Irgendwie müssen sie die Steuergeschenke an die Vermögenden kompensieren. «Der Kulturinfarkt» hat die Diskussion zwar angestossen, liefert aber den falschen Freunden billige Argumente.+
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¶Fabrikjazz versucht seit den Anfängen in den achtziger Jahren den MusikerInnen gute Bedingungen und den BesucherInnen anspruchsvolle Konzerte zu moderaten Preisen zu bieten. Ein unabhängiges Programm ist nur dank der Unterstützung der Stadt Zürich und des Kulturzentrums Rote Fabrik möglich. Die Weisung, die über die Beiträge der Stadt Zürich an den Verein Fabrikjazz für die Jahre 2012 bis 2015 entscheidet, wurde am 7. Dezember 2011 ganz knapp mit 61 gegen 58 Stimmen angenommen. Wir bedanken uns bei den GemeinderätInnen von SP (38), Grüne (15), AL (4) und EVP (4) und sind froh, dass das Zusammenstehen von SVP (20), FDP (17), GLP (12), CVP (7) und SD (2) ohne Erfolg war.+
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¶Das «Fest des flüchtigen Augenblicks» für neugierige MusikliebhaberInnen kann also nachhallen. Den abenteuerlichen und grenzüberschreitenden Experimenten gehört die Zukunft.+
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¶Fredi Bosshard, Ostern 2012, Fabrikjazz Zürich+
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¶taktlos.12 _V o r s c h a u R a d i o+ ¶+ + Experimental Mix: Collision Time _Archiv-18.04.12 _lora.ch/+ ¶+
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