*** taktlos.10 ** Festival für grenzüberschreitende Musik seit 1984 ***
28. Mai 2010 20:00 | bis | 30. Mai 2010 20:00 |
*** Rote Fabrik, Zürich ***Reservation. ***
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** Denseland **
** Sol 6 **
** Filewile **\*
** Rusconi **
** Sun Ra Arkestra **\*
** Spielhuus **
** Cosa Brava **\*
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*** Das taktlos.10 ist das siebenundzwanzigste seit 1984. Mehr als ein Vierteljahrhundert mit waghalsiger Musik zwischen den Genres und abseits des Mainstreams liegt hinter uns. **
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*** Es geht weiter im Grenzbereich von Jazz, zeitgenössischer Komposition, Improvisation, Electropop, Independent, Elektronik, Freejazz und Musique concrète. Während drei Tagen sind zwei Trios, ein Quartett, zwei Sextette und zwei Grossformationen zu hören. Beteiligt sind achtundvierzig MusikerInnen aus der Schweiz, Deutschland, Holland, Grossbritannien, den USA und Australien. **
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** Mit David Moss eröffnet ein Musiker das Festival, der seit den Anfängen der Roten Fabrik ein gern gesehener Gast war. Er hat uns in den achtziger und neunziger Jahren Solo mit Schlagzeug und Gesang, mit Vokalprojekten, der Dense Band (der auch Fred Frith angehörte) erfreut. Im neuen Jahrtausend war er mit dem Zappa-Projekt des Ensemble Modern unterwegs und überzeugte mit Auftritten in Salzburg, am Theater Basel und im Zürcher Theater Neumarkt. Der aus den USA stammende Moss lebt seit Anfang der neunziger Jahre in Berlin. Dort ist er in der Electronica-Szene auf Hannes Strobl und Hanno Leichtmann gestossen. Die Dense Band des 20. Jahrhunderts ist zu Denseland geworden um die Rhythmen des 21. Jahrhunderts zu erkunden. **
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** Der Bassgitarrist Luc Ex war seit den achtziger Jahren Teil der holländischen Band The Ex. Parallel zu The Ex formierte er Mitte der neunziger Jahre mit dem Sänger Phil Minton und dem Cellisten Tom Cora die Gruppe Roof. Nach dem frühen Tod von Tom Cora (1998) folgte 4 Walls mit dem Pianisten Veryan Weston. Sol 6 ist die aktuelle Inkarnation. Neu stehen Ex, Weston und dem australischen Schlagzeuger Tony Buck drei Frauen gegenüber. Die Saxofonistin Ingrid Laubrock entwickelt im Zusammenhang mit Sol 6 die hymnische Kraft von John Coltrane und Pharoah Sanders, wenn sie zusammen mit Mandy Drummond (Viola), Hannah Marshall (Cello) und den Männern zwischen lyrischen Teilen und hochexplosiven Grooves mäandert. **
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** Dustbowl (Andreas Ryser) und Dejot (Daniel Jakob) haben einige Jahre rumgetüftelt und ihre elektronisch-analogen Spielereien zwischen Ambient-Electronic, gewagten Breaks und funky Jazz als atypische Strassenmusiker ausprobiert. Sie haben Musik und Videos zum freien Download ins Netz gestellt und sich so international einen Namen geschaffen. Auftritte in Clubs wurden durch Tourneen in Mexiko und im südlichen Afrika abgelöst. Dabei wurden sie vom Bassisten Mago Flück und der Vokalistin Joy Frempong begleitet. Aus dem Projekt wurde eine Band. Frempong war 2007 mit Lauschangriff am Taktlos zu hören und ist auch mit David Moss aufgetreten. Filewile hat den Klang der Instrumente mit der Elektronik zur Deckung gebracht. **
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** Das Trio um den Pianisten Stefan Rusconi – mit Fabian Gisler am Bass und Claudio Strüby hinter dem Schlagzeug – hat mit ihrer aktuellen CD «It’s A Sonic Life» Furore gemacht . Rusconi hat der Musik von Sonic Youth einen unerwarteten Drall verliehen. Sie betonen nebst der expressiven vor allem die kammermusikalisch-lyrische Seite und stellen den Soundgewittern der SY-Originale eine akustische Version entgegen. **
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** Das Sun Ra Arkestra unter der Leitung von Marshall Allen hat erst im März 2009 das Publikum in der Roten Fabrik mit seiner Spielfreude und unzähligen Zugaben von den Sitzen gerissen. Die 12-köpfige Band hat neben den seit langen Jahren beteiligten Musikern einige Junge im Arkestra integriert. Deshalb haben wir Marshall Allen, der dieses Jahr seinen 86. Geburtstag feiert, den Rest des Samstagabends angeboten. Er und sein Arkestra werden ihn zu nutzen wissen. Dieser erneute Ausflug in die Schweiz wurde dank der Zusammenarbeit mit der Bad Bonn Kilbi im freiburgischen Düdingen möglich. **
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** Der Luzerner Musiker Martin Baumgartner hat mit Spielhuus die Bezeichnung für eine Kindersendung aufgegriffen, die vom Schweizer Fernsehen erstmals 1968 ausgestrahlt wurde. Die 14 Musiker haben neben der Experiementierfreude eine kindliche Lust am gemeinsamen Spiel. Baumgartner ist Leiter (Prompter) des Geschehens. Es orientiert sich an basisdemokratischen Idealen, die er durch 17 definierte Handzeichen steuert. Gleichzeitig lassen sie so viel Spielraum, dass flächige Soundscapes entstehen können, die mit groovigen Passagen kontrastieren. So entsteht eine abenteuerliche Musik zwischen Komposition und Improvisation. **
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** Für Cosa Brava hat Fred Frith die Musik geschrieben, und trotzdem ist es ein organisch gewachsenes Bandprojekt. Frith war – wie David Moss – seit den Anfängen der Roten Fabrik mit seinen Projekten zu Gast. Dabei wurde er oft von Zeena Parkins begleitet. Im April 2008 spielte er erstmals mit Cosa Brava in der Roten Fabrik. Inzwischen ist die CD «Ragged Atlas» erschienen, die an die frühen Tage der Independent-Szene anknüpft. Indem junge MusikerInnen wie Carla Kihlstedt, Matthias Bossi und Shazhad Ismaily diese Tradition unverkrampft pflegen, treiben sie die Musikgeschichte voran. **
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*** Das Taktlos lässt dieses Jahr vor allem neue Beziehungen entstehen. Von den achtundvierzig beteiligten MusikerInnen treten siebenunddreissig erstmals im Rahmen des Taktlos auf. Bruno Amstad, Tony Buck, Christy Doran, Luc Ex, Joy Frempong, Fred Frith, Carla Kihlstedt, David Moss, Zeena Parkins, Christian Weber, Veryan Weston konnten Sie während den vergangenen sechsundzwanzig Wochenenden schon begegnen, jedoch nie in Formationen wie am Taktlos.10. Es sind also Entdeckungen zu machen und für Überraschung ist gesorgt. **
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*** Das «Fest des flüchtigen Augenblicks» für neugierige MusikliebhaberInnen geht weiter. Die Bedingungen für die MusikerInnen werden zwar zunehmend härter. Auftrittsorte verschwinden von der Landkarte, kleine und grosse Städte leiden unter der finanziellen Situation. Sie setzen die Sparbemühungen oft im Nischenbereich des Kultursektors an, nicht bei den grossen und gut ausgestatteten Häusern. Viele Festivals setzen deshalb verstärkt – auch aus Kostengründen – auf das nationale Schaffen. Trotzdem: den abenteuerlichen und grenzüberschreitenden Experimenten gehört die Zukunft. **
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*** Fredi Bosshard, April 2010, Fabrikjazz Zürich
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